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Willkommen auf der Website des Netzwerks Bioethik und strukturelle Ungerechtigkeit

Strukturelle Ungerechtigkeit
als Thema der Bioethik

Strukturelle Ungerechtigkeit stellt ein zentrales Thema für die Bioethik dar. Denn Prozesse struktureller Ungerechtigkeit wirken sich nicht nur negativ auf die Gesundheit marginalisierter Personengruppen aus, sie führen auch zu Nachteilen im Zugang, in der Verfügbarkeit und in der Annehmbarkeit von Angeboten der Gesundheitsversorgung. Auch sind viele medizinethische Fragestellungen eng mit Fragen struktureller Ungerechtigkeit verknüpft, etwa bei der Diskussion reproduktiver Rechte von queeren Menschen, dem Verhältnis von Zwang und strukturellem Rassismus, oder Ableismus in der Definition von Wohlergehen und Lebensqualität.

Die Berücksichtigung struktureller Ungerechtigkeit stellt auf Theorieebene eine große Herausforderung dar. Sie erfordert eine Untersuchung und Weiterentwicklung bestehender medizinethischer Konzepte und Prinzipien, wie Wohlergehen oder Gerechtigkeit. Jedoch werden strukturelle Ungerechtigkeiten und die Gesundheit marginalisierter sozialer Gruppen bislang nicht als Kernthemen der Bioethik behandelt. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Netzwerk „Bioethik und Strukturelle Ungerechtigkeit“ möchte dies ändern. Es strebt an, bioethische Ansätze weiterzuentwickeln, die geeignet sind, strukturelle Ungerechtigkeit zu untersuchen, diese bei der Beantwortung ethischer Fragen zu berücksichtigen und Prozesse struktureller Ungerechtigkeit in der Praxis zu adressieren.

Intersektional & Interdisziplinär

Das Netzwerk knüpft dabei an internationale Debatten an. Hier wird zunehmend diskutiert, wie strukturelle Ungerechtigkeit in der Gesundheitsversorgung systematisch berücksichtigt werden könnte. Was beinhaltet zum Beispiel eine gerechte Verteilung von Ressourcen und Forschungserkenntnissen unter Bedingungen struktureller Ungerechtigkeit? Wie kann eine diskriminierungskritische Gesundheitsversorgung bereitgestellt werden? Was bedeutet eine diversitätssensible Gesundheitsversorgung? Welche Verantwortung für die Adressierung struktureller Ungerechtigkeit tragen verschiedene Akteur*innen im Gesundheitssystem?

Das Netzwerk arbeitet interdisziplinär und bringt die von medizinethischen Fragestellungen tangierten Disziplinen wie Philosophie, Medizinethik und -geschichte, Gesundheitswissenschaften, Public Health, Soziologie, Gender Studies, Disability Studies und Postcolonial Studies zusammen. Es wird aktuelle bioethische Fragestellungen mit einem Fokus auf Marginalisierungsprozesse bearbeiten und dabei das Verhältnis von struktureller Ungerechtigkeit und Bioethik in den Mittelpunkt stellen. Dabei wählt das Netzwerk einen intersektionalen Zugang, der die Verwobenheit von Unterdrückungssystemen wie Sexismus, Rassismus, Klassismus, Cis-Heteronormativität und Ableismus anerkennt. Außerdem bezieht das Netzwerk bislang in der Medizin- und Bioethik marginalisierte Wissensbestände ein, zum Beispiel aus Queer, Crip und Black Bioethics.